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Eine Liebesgeschichte der Ureinwohner der Omsker Steppen
U L T C H I T A J
& G H A J B E K




In alten Zeiten siedelte sich am Ufer eines Sees ein friedliebender, turksprachiger Stamm namens ULUS an. Es war ein Süßwassersee mit verschiedenen Fischarten. Dort gab es so viel Fisch, dass es kaum möglich war, alle Arten aufzuzählen. Und das Seewasser war so lecker, dass es schwer war, mit dem Trinken aufzuhören. Der See war von dichtem Wald umgeben. Dort gab es so viel Wild und Tiere – einfach zahllos!
Die Hauptbeschäftigung dieses Turkvolkes waren natürlich Jagd und Fischerei. Aber die Ulusen waren sparsame Menschen; die nahmen sich niemals zu viel heraus: von der Natur nahmen sie nur genauso viel, was der Stamm brauchte. Und abends versammelten sie sich um das Lagerfeuer, sangen, spielten, vergnügten sich und freuten sich des Lebens.

Das Mädchen Ultchitaj war im Stamm das schönste. Viele Jungen erwiesen ihr Aufmerksamkeiten, aber Ultchitaj war in den stärksten, geschicktesten und kühnsten Jungen Ghajbek verliebt. Es war eine gegenseitige Liebe. Tagelang konnten sie zusammen neben dem See wandern, die wunderschöne Natur der Heimat bewundern, den Vogelgesang hören, vom zukünftigen Leben träumen, von Kindern…

Aber diese Träume sollten vorerst nicht erfüllt werden …

Es war ein trüber Sommertag. Über der Siedlung, die am Ufer des Sees lag, hingen in der Nacht schwere Wolken. Fortwährend regnete es. Die Bewohner verbargen sich in den Jurten. Es schien, als ob sie sich friedlich ihren Beschäftigungen hingaben: die Frauen standen am Herd, die Männer, einige reparierten etwas, andere zimmerten an der Haushaltsausrüstung und am Jagdzubehör.
Und plötzlich, lauter als das Rauschen des Regens, ertönte ein vereinbarter Ruf. Von einem Moment auf den anderen waren die Jurten fast leer. Die Bewohner setzten sich hastig in die ihre Kähne und ruderten auf die andere Seite des Sees.
Was war geschehen? - In die Siedlung drangen die Nomaden-Barbaren ein. Sie raubten und zerstörten alles, was sie antrafen, verschleppten die verbliebenen Bewohner in die Sklaverei. -
Brachten die Ulusen ihr früheres Leben wieder in Ordnung, starteten die Barbaren erneut ihre Raubzüge.
Und auch diesmal wieder, als der Wächter die Eindringlinge bemerkte, machte er ein Alarmsignal. Die Reiter drangen in der Siedlung ein, niemand war mehr in der Siedlung , außer den Jungen. Die beschlossen, dem Feind Widerstand zu leisten. Die Schlacht begann, die Nomaden hatten eine große zahlenmäßige Überlegenheit und siegten mühelos. Sie suchten alle Ecken durch, bis sie davon überzeugt waren, dass sie mit allen abgerechnet hatten. Dann verließen sie die schon menschenleere Siedlung. Etwas später kamen die Kähne von dem anderen Ufer zurück. Als die Ulusen zurück waren, bot sich ihnen ein schreckliches Bild: die Jungen waren alle tot, die Siedlung war verwüstet. Die Luft erfüllte sich mit dem Weinen und Schreien der Mütter und Frauen der umgekommenen Jungen.
Weinend suchte Ultchitaj ihren Geliebten. Genau betrachtete sie jeden Getöteten, aber Ghajbek konnte sie nicht ausmachen. Als sie sich dem See näherte, darauf hoffend, vielleicht doch noch den Geliebten zu finden, sah sie den Körper eines Jungen auf dem Boden. Sie lief auf ihn zu – es war Ghajbek. Er lag am Ufer und blutete aus.
Ultchitaj umarmte ihn und begann, ihn zu beweinen. Und plötzlich, ein Wunder! Sie fühlte, wie seine Hand sich ein bisschen bewegte. Er lebt! Er war noch am Leben. Dann zerriss Ultchitaj den Saum ihres Kleides, benetzte den Stoff im Seewasser und spülte Ghajbek`s zahlreiche Wunden. Die Tränen fielen von der Wange ins Wasser. Als Ultchitaj die Wunden umband, bemerkte sie plötzlich, dass diese aufhörten zu bluten und schnell zu heilen begannen. Etwas später kam Ghajbek zu Bewußtsein, sah Ultchitaj vor sich, lächelte ihr zu und sagte etwas. Nach der schwachen Bewegung seiner Lippen verstand Ultchitaj, dass er Durst hatte. Sie füllte ihre Handfläche mit dem Wasser aus dem See und brachte sie zu seinen Lippen. Er machte einen Schluck und spuckte das Wasser sofort wieder aus. Es war so salzig, dass es nicht zu trinken war. Wahrscheinlich durch die Tränen, die ins Wasser fielen. Das Seewasser war salzig , aber gleichzeitig heilkräftig.

Dank der ausgezeichneten Heileigenschaft des Wassers und Ultchitajs grenzenloser Liebe zu Ghajbek gelang es ihr später, ihren Geliebten wieder auf die Beine zu helfen, und er gesundete schnell.
Die Ulusen nannten diesen See fortan Ulghaj. Sie legten die Namen Ultchitaj und Ghajbek zusammen.
Damit bewahrten sie die Erinnerung an die Liebesgeschichte dieser beiden jungen Menschen. Deren Liebe verwandelte das Seewasser in heilkräftiges, salzhaltiges Wasser!
Der See existiert heute noch. Das Wasser und das Moor des Sees hilft kranken Menschen immer noch, gesund zu werden.
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Aus dem Russischen übersetzt im November 2013
Korrektur: Ferdi Berger aus dem Rheinland
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