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Legende über Irtysch
Übersetzung von Kristina Graf, Omsk.

März 2009.

Unmessbar sind die Schätze von dem Alten Altai. Tag und Nacht bewachen furchtbar steile Felsen seinen Reichtum. Tag und Nacht sind Fichten und Zeder auf der Hut, damit kein Räuber sich an seine Schätze vergreift. Der Alte Altai führte seine Schätze zu Gemüte, dass keiner sie finde.
Und beklagte sich bei seinem Nachbar Tien Shan: 'Ich wünsche, ich hätte einen Sohn. Ich könnte dann mit seiner Hilfe meine Schätze von allen behüten.'

Endlich erfüllte sich sein Traum. Seine Frau, die Eismagd, brachte einen Jungen zur Welt. Wie ein kleiner Tropfen ging er aus der Felsschlucht hervor und begann unmöglich schnell zu wachsen. Dabei war er bildschön, so, dass es einen Vergnügen machte ihn einfach anzusehen. Ausserdem war er stark wie ein Bär. Und so kam es dazu, dass das Vaters' Haus ihm schnell zu klein wurde. Er durchwuehlte die ganze Bodensenke und bekam dafür den Spitznamen 'Durchwühler-Irtysch'.

'Bringe deinen Sohn zur Ruhe! Er bereitet nur grosse Sorgen! -klagten die Felsen,- Es vergeht nicht mal ein Tag, ohne dass er uns nicht mit Wasser übergiesst oder die Steine wegschlägt, oder die Furchen behaut. Er vernichtet uns alle!'
Der Alte Altai schüttelte seinen Schneekopf, runzelte die Augenbrauen und begann seinen Sohn zu beschimpfen: 'Weshalb tobst du? Du solltest lieber nachdenken, wie du deines Vaters' Reichtum schützen könntest!'

'Lass mich los ins Freie, Vater! Hier zwischen den Felsen bin ich wie gecklemmt, ich fühle mich wie in einem Kerker! Ich bin kein guter Wachmann für deine Schätze. Welchen Zweck hat es sie zu schützen, wenn sie tief in den Steinen begraben sind',- antwortete Irtysch.

Und es geschah, als ein alter Adler vorbeiflog und den Streit zwischen Vater und Sohn mitbekam. Er konnte sich nicht aufhalten, kam ans Ufer des Flüsses, dann näher ans Wasser und flüsterte der Welle: 'Du hast Recht, Junge. Deine Zeit ist gekommen, du sollst die Felsen verlassen und deine eigene Möglichkeiten versuchen. Der mächtige Ob, dein Bruder, wartet schon sehr lange auf dich.'

Und Irtysch gab seinem Herzen einen Stoss und verliess die Felsen.
In der finsteren Nacht, als die Sterne sich von dem Wind unter einer Himmelsdecke versteckten und der Mond, vor Kälte zitternd, sich in eine Wolke huschelte, nahm Irtysch Anlauf, sprang hoch, verstreute alle Steine, machte sich den Weg frei und verschwindete aus der Felsschlucht.
Als der Alte Altai morgens aufwachte, wollte er seinem Sohn einen guten Morgen wünschen, aber er war spurlos verschwunden.

Im Wutanfall machte der Alte einen Schneesturm und begann dem Flüchtling hinterher Steine zu werfen. Aber alles umsonst. Und Irtysch rannte ohne zurückzublicken immer schneller und schneller. Endlich war er auf freiem Fuss. Überall wo er sah war festes Land und der Weg war jetzt völlig frei.
Jetzt machte Irtysch sich Gedanken, wohin er gehen soll, wo er nach dem mächtigen und tapferen Ob suchen muss. Er blieb stehen, wurde traurig und plötzlich schossen ihm Tränen in die Augen.

Drei Möwen flogen über der Steppe, sahen den traurigen Burschen, schmiegten sich an seine Brust und fragten ihn:
'Warum weinst du?'
'Ach, was soll ich denn sonst tun? Ich weiss nicht, welchen Weg ich gehen muss, wo ich meinen Bruder finden kann?'
Die Möwen ruettelten mit den Flügeln, schüttelten die Köpfe und sagten darauf: 'Dein Herzleid ist wirklich gross. Aber wir können dir helfen. Wir haben deinen Bruder Ob schon mal getroffen. Er ist jetzt auf dem Weg zum Polarmeer.'

Diese Neuigkeit schaffte Irtysch grosse Freude und er machte sich auf den Weg zum Polarmeer. Und an der Stelle, wo er weinte, blieb ein See, der auch heute noch da ist. Die Menschen nannten diesen See Zaisan.

In dem Moment, als Irtysch schon losgehen wollte, kam ihm ein Stein entgegen. Es war ein Verfolger von dem Alten Altai, der seinen Sohn aufhalten sollte.
Jetzt läuft Irtysch fort so schnell er nur kann. Und da klammert sich plötzlich an Irtysch das fröhliche Wässerchen Bukhtarma fest und will ihn nicht loslassen.
'Nimm mich mit, Bruder Irtysch',-bittet Bukhtarma.
'Ich habe keine Zeit für dich- antwortete Irtysch,- siehst du denn nicht, dass ich gejagt werde?!'
Da weinte das Wässerchen: 'Was wird denn jetzt mit mir und mit meinem Gewässer? '
'Na gut. Sei meine Schwester- sagte Irtysch,- und nahm Bukhtarma mit.'

Aber die Verfolger kamen immer näher und näher, und hatten Irtysch schon gefasst, aber konnten ihn doch nicht aufhalten.
Er gab sich Mühe und konnte entfliehen. Die enttäuschten Felsen-Verfolger blieben stehen und kamen nie mehr zurück zu dem Alten Altai, weil sie sich schämten. Bis heute stehen sie da bewegungslos und bewundern die Stärke des mächtigen Flusses.

Und Irtysch kam wieder in eine grenzlose Steppe. Das Gras war von der Sonne verbrannt und die Erde war ausgetrocknet.
'Hier, trink dich satt!',- sagte Irtysch und floss weit über die Steppe hinaus.
Die Steppe erfreute sich sehr und schmiegte ihren heissen trockenen Körper ans Wasser.
Und Irtysch fliesst immer weiter nach Norden. Und sein Gewässer erweckte die Erde zum Leben.
'Ich will meine Schätze nicht für mich alleine haben, wie es der Alte Altai gemacht hat.',- sagte Irtysch.

Und eines Tages traf Irtysch endlich seinen Bruder Ob.
'Mein lieber Bruder',- sagte Irtysch und umarmte ihn.
So mündeten sie ineinander und flossen zusammen Hand in Hand zum Polarmeer.

Seitdem streiten sie miteinander, wer wessen Nebenfluss ist. Aber der tapfere Ob fliesst doch in die Richtung, welche der mächtige Irtysch sich ausgewählt hat.
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